Bodendenkmäler im Dy­ckerhoff-Steinbruch

Samstag, 19. Juni 2021


Dr. Gudrun Radtke


Steinbruch der Dyckerhoff AG am Unte­ren Zwerchweg

Bericht und Fotos von Sabine Neugebauer

Exkursion in den Dyckerhoff-Steinbruch

20 Millionen Jahre fehlen. Zumindest bei den vorzeitlichen Ablagerungen im Dyckerhoff-Steinbruch bei Wiesbaden. Am Samstagnachmittag, 19. Juni, bei der Exkursion des Nassauischen Vereins für Naturkunde zu diesem bedeutenden Bodendenkmal erläuterte Dr. Gudrun Radtke, Mitarbeiterin des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HNLUG) sowohl die Entstehung der Kalksteinablagerungen aus dem Tertiär vor etwa 20 Millionen Jahren als auch die überlagernden so genannten Mosbach-Sande aus dem Quartär von vor etwa 600 000 Jahren. Rund 20 Exkursionsteilnehmer hatten sich trotz Hitze und Staub eingefunden, um mehr über die Geologie des Gebietes zu erfahren. Die Ablagerungen im Dyckerhoff-Steinbruch gehören zum Mainzer Becken, das bekannt für seinen Fossilienreichtum ist.

Von Hydrobien und Cyanobakterien

Vor etwa 140 Jahren wurde hier mit dem Abbau von Kalkstein zur Zementherstellung begonnen. Dieser Kalkstein war hier bis zu 50 Metern mächtig. Zwischen den Kalksteinschichten, in denen sich millionenfach die kleine Wattschnecke Hydrobia findet, sodass diese Gesteinslagen früher Hydrobienschichten genannt wurden, sind weichere Mergel- und Mergeltonschichten eingelagert. Zusammen werden diese als helle Folge bezeichnet. Nur an wenigen Stellen in Wassergräben ist auch heute noch eine dunkle Folge zu finden. Diese besteht aus dunklen, wasserundurchlässigen Tonschichten. Diese wasserundurchlässigen Schichten sind unbedingt erforderlich für die Abdichtung der Mülldeponie zu den Grundwasserleitern im Untergrund. In der hellen Schichtenfolge sind etwa 10 mal 30 Meter große Algenriffe eingebettet, die an damals strömungsexponierten Stellen wuchsen. Blaugrünalgen, auch Cyanobakterien genannt, haben diese manchmal blumenkohlartigen Strukturen aufgebaut. Diese Cyanobakterien gehören zu den ältesten Lebewesen auf der Erde und haben bereits vor 3,5 Milliarden Jahren existiert. An einigen Stellen der Kalksteinschichten war Verkarstung zu beobachten. So wurde ein Einbruchskrater, Doline genannt, mit ungeschichtetem Material verfüllt. Im Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde aus dem Jahr 2018 ist hierzu ein Beitrag erschienen.

Reiche Säugetierfauna


In dem Jahrbuch wird auch das paläontologische Bodendenkmal Mosbach-Sande beschrieben, auf das Radtke im weiteren Verlauf der Exkursion einging. Als Anschauungsobjekt hatte sie ein Stück eines Nashorn-Kiefers mitgebracht, das den jüngsten Exkursionsteilnehmer besonders faszinierte. Hier in den Mosbach-Sanden wurden Überreste von über 65 verschiedenen Säugetierarten gefunden, darunter Knochen und Zähne von Steppenhirsch, Steppenelefant und Steppenbison aus eher kontinental beeinflussten Lebensräumen, aber auch Arten dichterer Waldvegetation sind hier zu finden, wie Waldelefant, Schwein und Flusspferd. „Und wo trafen sie sich – in Mosbach“, schmunzelte die Mitarbeiterin des HNLUG. Den einen war es zu warm in ihrem Stammgebiet, den anderen zu kalt während der quartären Kalt- und Warmzeiten, so dass sie aus ihren Gebieten hierher einwanderten.

Mosbach-Sande, weltweit ein Begriff in Fachkreisen

Wie Analysen der eingeschwemmten Gerölle ergeben hätten, seien die Ablagerungen der grauen Mosbach-Sande durch den Ur-Main entstanden mit wenigen Einflüssen des Ur-Rheins, so Radtke. Da lassen sich Kieselschiefer aus dem Fichtelgebirge finden, Milchquarze aus dem Taunus oder Buntsandstein aus dem Spessart. Die Bedeutung dieser Fundstätte lässt sich auch daran ablesen, dass viele Arten den Artnamen „mosbachensis“ erhalten haben wie das Pferd von Mosbach, das Equus mosbachensis. Daneben lassen sich zahlreiche Muschel- und Schneckengehäuse finden, etwa 150 Arten sind bekannt. Viele dieser Funde lassen sich heute im Museum Wiesbaden bewundern.