Geologie, Botanik und Zoologie um den Loreley-Felsen

3. Juli 2021

25. Naturkundetag in St. Goarshausen

Bericht von Sabine Neugebauer, Fotos von Sabine Neugebauer und Benedikt Toussaint

Loreley und Spitznackfelsen im Blick von Geologie, Botanik und Zoologie

„Vom Meer zum Festland zum Meer zum Fluss“, unter dieses Motto hatte Dr. Michael Weidenfeller seinen Vortrag gestellt. Der Referatsleiter Geologie und Rohstoffe im Rheinlandpfälzischen Landesamt für Geologie und Bergbau berichtete beim Naturkundetag des Nassauischen Vereins für Naturkunde (NVN), Wiesbaden, über die Geologie des Mittelrheintals. Zu diesem Naturkundetag hatte der Verein in das Alte Rathaus von St. Goarshausen eingeladen. Rund 20 Interessierte aus näherer und weiterer Umgebung lauschten den Ausführungen der Fachleute zu naturkundlichen Themen rund um den Loreleyfelsen. „Das Rheintal ist eine hervorragende Gelegenheit, Geologie zu studieren“, sagte Weidenfeller. Denn der Rhein durchschneidet hier ja verschiedene geologische Schichten. Diese Schichten des Rheinischen Schiefergebirges wurden im Zeitalter des Devon vor rund 400 Millionen Jahren in einem Meer abgelagert. Später zog sich das Meer zurück, tektonische Kräfte bewirkten die Verdichtung, Faltung, Schuppung und Stapelung der Gesteinsschichten.


Foto: Die Spitznackfelsen, nach denen die Spitznackschichten benannt wurden, im Vordergrund Wimpernperlgras. (Benedikt Toussaint)





Hebung des Schiefergebirges bedingt Einschneiden des Mittelrheintals

In den nachfolgenden Zeitaltern kam es zu einer tropischen und subtropischen Verwitterung der Gesteine, die in der Folge zum großen Teil abgetragen wurden. „Das Saar-Nahe-Becken ist zum großen Teil aufgefüllt mit dem Schutt des Rheinischen Schiefergebirges“, so Weidenfeller. Im Tertiär sei das Meer wieder zurückgekommen, allerdings nur als Meeresstraße im Oberrheingraben und weiter zwischen Frankfurt und Kassel, aber im Oligozän vor rund 30 Millionen Jahren habe auch eine Verbindung zur Kölner Bucht bestanden. Der Rumpf des Schiefergebirges habe damals nur wenige Meter über dem Meeresspiegel gelegen. Dann begann die Hebung des Gebietes von Hunsrück und Taunus, der Vorrhein floss noch vom Oberrheingraben über Alzey in Richtung Bingen. Dann verlagerte der Rhein tektonisch bedingt seinen Lauf langsam in Richtung Osten, das Rheinknie bei Mainz bildete sich heraus. „Unser Raum blieb von den Eismassen verschont“, sagte Weidenfeller im Hinblick auf die Eiszeiten. Die Hebung des rheinischen Schiefergebirges ging weiter, schnell weiter, sodass sich der Rhein immer weiter in das nun wieder rechts und links des Flusslaufes aufragende Gebirge fraß. Da die Hebung nicht gleichmäßig verlief und immer noch verläuft, bildeten sich Flussterrassen aus den Ablagerungen des Rheins an den Hängen heraus. Besonders am Gleithang der Bopparder Schleife seien diese Terrassen gut zu erkennen, sagte der Geologe. Durch intensive Bohrtätigkeit habe man mittlerweile 28 dieser Terrassen feststellen können.

Foto: Der Rhein bildet durch die schnelle Hebung des Schiefergebirges ein tiefes Kerbtal.

Mosaikartige Vielfalt an Standorten im Mittelrheintal


Bedingt durch die Entstehungsgeschichte des Rheintales haben sich vielfältige Pflanzen-Standorte herausgebildet. Und über diese berichtete im Anschluss an den geologischen Vortrag Martin Unfricht, Bornich, „ein regionaler Kenner der Flora“, wie Dr. Helmut Arnold, Vorsitzender des NVN ihn vorstellte. „Der Mittelrhein ist ein Hot Spot für Pflanzen mit trocken-warmen Standortansprüchen“, so Unfricht. Einerseits sei dafür der Regenschatten des Hunsrücks verantwortlich. Andererseits aber auch die Geologie mit den zur Sonne exponierten Hängen. „In südexponierten Lagen steigen die Temperaturen bis auf 80 Grad, das muss eine Pflanze erst einmal aushalten“, so der Botanikkenner. So fänden sich hier viele Pflanzen aus dem östlichen Mittelmeergebiet, die über das Donautal und das Maintal eingewandert seien, aber auch Pflanzen aus dem westlichen Mittelmeergebiet, die den Weg über die burgundische Pforte hierher gefunden hätten. Zusammen mit den kühl-feuchten nord-exponierten Lagen, den tief eingeschnittenen Seitentälern, der Nutzung der Landschaft durch den Menschen, sei es landwirtschaftlich oder bergbaulich, ergäben sich hier mosaikartig wechselnde Standortfaktoren und damit eine unglaubliche Vielfalt, die sich in der Vielzahl der Pflanzenarten ausdrücke. Unfricht ging auf die unterschiedlich geprägten Standorte ein, besonders die für das Mittelrheintal typischen. Von Felsspaltengesellschaften über Steinschutthalden und Trockenmauern bis zu Trocken- und Halbtrockenrasen, Wiesen, Säumen, Felsgebüschen und hin zu Waldgesellschaften nannte er viele Beispiele, die er mit Fotos belegte. Bei der Exkursion am Nachmittag konnten er und Dr. Wolfgang Ehmke, 2. Vorsitzender des NVN, viele der genannten Beispiele vor Ort zeigen.


Foto: Kronwicke, Ackerwachtelweizen, Färberginster und Labkraut in einer Saumgesellschaft oberhalb der Spitznackfelsen (Sabine Neugebauer)

Reiche Tierwelt im Mittelrheintal

Aber bevor die Exkursion startete, warfen die Zuhörer mit Dr. Ehmke einen Blick auf die Tierwelt im Mittelrheintal. An typischen Bewohnern listete dieser die Feldgrille und das Weinhähnchen auf, die mit ihrem Gesang auffielen. An weiteren Insekten gebe es die blauflügelige Ödlandschrecke, den roten Scheckenfalter und auch den Segelfalter. Für den atlantischen Lachs gab es vor dem Veranstaltungs-Gebäude sogar ein Denkmal, denn er war hier früher ein oft gefischter Rheinbewohner. Aber auch Meer-Neunauge und Maifisch hätten sich nach dem Chemieunfall von Sandoz 1986 mittlerweile wieder im Rhein eingestellt. Die Amphibien seien mit Erdkröte und Feuersalamander hier vertreten, so Ehmke weiter, die Reptilien mit Mauer- und Smaragdeidechse, Ringel- und Schlingnatter. In der Vogelwelt sei die Zippammer ein typischer Vertreter der Weinbergslagen, aber auch Wendehals und Baumpieper kämen hier vor. Schwarzmilan und Uhu seien tags und nachts auf Jagd. Und bei den Säugetieren stellte er Wildkatze, Haselmaus und Gartenschläfer als Besonderheiten heraus. Das hier vorkommende Muffelwild stamme aus Korsika und sei eingebürgert worden.

Foto: Mauereidechse (Sabine Neugebauer)


Abwechslungsreiche Exkursion

Bei der Exkursion am Nachmittag, die oberhalb der Loreley begann und den Hang entlang in Richtung Spitznackfelsen und Leiselfeld führte, konnten die Teilnehmer Roten Milan, Mauereidechse und Admiral sehen, aber auch viele typische Pflanzen. Ehmke und Unfricht wiesen auf viele botanische Besonderheiten hin. Die Blüten der Knollenplatterbse (Lathyrus tuberosus) leuchteten pink, das gefaltete Hasenohr (Bupleurum falcatum) zeigte sich eher unscheinbar. Hirschwurz-Haarstrang (Peucedanum cervaria), der einem Saumbiotop seinen Namen gibt, zeigte erste Knospen. Aufrechter Ziest (Stachys recta), mehlige Königskerze (Verbascum lychnitis), sprossende Felsennelke (Petrorhagia prolifera), stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus), blasses Turmkraut (Turritis glabra), weidenblättriger Alant (Pentanema salicinum) und Kugellauch (Allium spaerocephalum) ließen sich am Wegesrand finden. Typische Vertreter der Felsgebüsche wie die Weichselkirsche (Prunus mahaleb) und der französische Ahorn (Acer monspessulanum) boten stellenweise Schatten. Die Nelken-Sommerwurz (Orobanche caryophyllacea) als Schmarotzerpflanze zeigte sich in blassem Lila. An Wiesen vorbei mit Wiesensalbei (Salvia nemorosa), Betonie (Betonica officinalis) und nicht mehr blühenden Schlüsselblumen (Primula veris) ging es zum Aussichtspunkt an den Spitznackfelsen. Zum Abschluss der Exkursion erfrischte man sich in der RheinsteigRast in der Siedlung Leiselfeld.

Foto: Wolfgang Fechner und Dr. Helmut Arnold fotografieren eine Orobanche (Sabine Neugebauer)

Die Gruppe genießt den Ausblick über das Mittelrheintal. Foto: Benedikt Toussaint