Landschaftsökologie im Raum Assmannshausen

Samstag 10. Juli

Dr. Kurt Emde

Bericht und Fotos von Sabine Neugebauer


Arbeitswirtschaftlichkeit und Erosionsschutz im Weinbau

Die Arbeitswirtschaftlichkeit steht im Vordergrund bei der Anlage von Querterrassen im Weinbau. Dies erläuterte Carsten Weiland, Weinbauleiter der Staatsdomäne Assmannshausen, bei der Exkursion zum Thema Landschaftsökologie des Nassauischen Vereins für Naturkunde und der Stiftung Unser Land! Rheingau-Taunus am Samstagnachmittag. Dr. Kurt Emde vom Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz führte die etwa 20 Exkursionsteilnehmer von der Staatsdomäne Assmannshausen durch die Weinberge hinauf zu einem Aussichtspunkt über das Mittelrheintal und erläuterte dabei die Problematik der Umstellung.

Querterrassierung massiver Eingriff

Nachdem in den 1950er und 1960er Jahren durch die Flurbereinigung die alten von Trockenmauern gestützten Querterrassen durch die senkrecht zum Hang verlaufenden Steillagenzeilen wegen der Bewirtschaftung mit Seilzügen ersetzt wurden, geht jetzt die Tendenz wieder in die andere Richtung. Dabei wird der Hang mit einer großen Raupe quer zum Hang terrassiert. „Das ist ein massiver Eingriff in Geologie und Böden“, stellte Emde heraus. Nahe an den Kanten werden dann die Weinstöcke gepflanzt. Und die Erfahrung habe gezeigt, dass in den ersten Jahren nach der Umstellung keine oder nur geringe Erträge in diesen Lagen zu erwarten seien. Man dürfe „nicht glauben, dass Reben, die frisch gepflanzt sind, an Wasser kommen; man hat sich das anders gewünscht“, ergänzte Weiland. Und darum wurde in den vergangenen drei bis vier Jahren begonnen, Tröpfchenbewässerung in den neu angelegten Weinbergen zu verlegen. Ein Weinstock benötigt während der Vegetationszeit mindestens 12 Liter Wasser pro Woche zum Überleben. In den alten Weinbergen hat sich über dem anstehenden Gestein eine Stauschicht herausgebildet, auf der das Wasser entlang läuft und von den Reben genutzt wird. Diese Stauschicht kann bei der Anlage der Terrassen zerstört werden. Ob eine dauerhafte Bewässerung nötig sei, müsse sich aber erst noch herausstellen, so Weiland, oder ob nur die Anwuchsphase überbrückt werden müsse. In diesem Jahr sei noch keine Bewässerung nötig gewesen.

Problematik Erosion

Aber mit starken Niederschlägen ist eine andere Gefahr verbunden: Erosion. Man sah es an verschiedenen Stellen auf der Exkursion. In den neu quer terrassierten Weinbergen erodierten an einigen Stellen die kurzen Böschungskanten. Denn das Saatgut für die Pflanzen, die eigentlich die Böschungen stabilisieren sollten, war zu großen Anteilen durch einen Starkregen Ende Juni herunter geschwemmt worden. Dadurch fehlten Wurzeln, die den Boden hätten stabilisieren können. Aber auch in den älteren Weinbergslagen waren die Folgen von Erosion zu sehen. In einzelnen Zeilen war nach starken Niederschlägen der Boden fortgespült worden. Dass man dann als „Erosionsersatz“ wiederum mehr oder weniger geeignetes Bodenmaterial aufträgt, zeigte sich an einem gerodeten und noch nicht wieder bepflanzten Weinberg. Hier war extrem steinreiches und humusfreies Bodenmaterial aufgetragen worden. Ein Teil des Materials war bereits bei den jüngsten heftigen Regenfällen an den unteren Rand der Parzelle geschwemmt worden.

Gestein und Wein

Emde wies auf die bei Assmannshausen antstehenden Buntschiefer hin, die hier am Höllenberg für den Weinbau seit alters her genutzt würden. Solche Buntschiefer weise auch die Lage „Steinberg“ bei Kiedrich auf. „Das Gestein gibt unterschiedliche Weine her“, betonte er. Hier werde Rotwein angebaut, im „Steinberg“ Riesling. Bei der Rast hoch über dem Rhein durften die Exkursionsteilnehmer drei unterschiedliche Weine probieren.

Bunte Pflanzenvielfalt

Dr. Jürgen Hoffmann, NABU Rheingau, wies unterwegs auf einige Pflanzen hin. Färberkamille (Anthemis tinctoria), Natternkopf (Echium vulgare), Sandmohn (Papaver argemone) und Wilde Möhre (Daucus carota) bildeten einen farblichen Vierklang aus gelb, blau, rot und weiß. An vielen Stellen hatte sich auch Weißer Mauerpfeffer (Sedum album) angesiedelt. Hier wies Hoffmann auf eine Besonderheit dieser Pflanzengruppe hin, den diurnalen Säurerhythmus. Während die meisten Pflanzen das Kohlendioxid für den Aufbau der Kohlenhydrate tagsüber aufnehmen, können die Dickblattgewächse dies nachts tun und in Apfelsäure speichern. Am folgenden Tag wird das Kohlenstoffdioxid aus der Äpfelsäure wieder freigesetzt und mit Hilfe des Sonnenlichts dem Aufbau von Kohlenhydraten zugeführt. Der Vorteil dieses Mechanismus ist es, dass die Pflanze während der (heißen) Tagesstunden ihre Spaltöffnungen geschlossen lassen kann, wodurch sie bedeutend weniger Wasser durch Verdunstung verliert und trotzdem Kohlenstoffdioxid immer in ausreichender Menge zur Verfügung hat. Dr. Helmut Arnold, Vorsitzender des Nassauischen Vereins für Naturkunde, bedankte sich bei den Exkursionsführern und speziell bei Emde als „ausgezeichnetem Kenner“ dieser Landschaft.