Der jüngste Vulkanausbruch auf Island

Online-Vortrag, 10. August 2021


Vulkanüberwachung des Fagradalsfjall mittels luftgestützter Photogrammetrie.


Mit Nils Gies, Island, Wiesbaden und Bern

(Bildschirmfotos: Sabine Neugebauer)


Geologischer Überblick

34000 Erdbeben in zwei Wochen, so kündigte sich der jüngste Ausbruch eines Vulkans auf Island im Februar und März 2021 an. Und Geowissenschaftler Nils Gies war wegen eines Jobs im Naturhistorischen Institut in Reykjavik zufällig gerade vor Ort. So konnte er den Ausbruch im Fagradalsfjall live erleben und dokumentieren. Bei seinem online-Vortrag am 10. August für den Nassauischen Verein für Naturkunde, den über 50 Zuhörer verfolgten, ging Gies zunächst kurz auf die Entstehung Islands ein. Da Island im Nordatlantik auf dem Mittelozeanischen Rücken und gleichzeitig auch auf einem Hot Spot liegt, kam es durch diese beiden Faktoren bedingt seit etwa 15 Millionen Jahren überhaupt zur Bildung einer Insel. „Wie Baumringe“, beschrieb der Geowissenschaftler den Aufbau der Insel. Allerdings liegen die jüngsten Bereiche in der Mitte, da hier der Ozeanboden auseinanderdriftet. Es hätten sich auf Island dadurch viele Vulkansysteme ausgebildet, eines davon auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich von Reykjavik. „Wenn dort ein Vulkan ausbricht, ziehen die anderen nach“, wagte Gies einen Ausblick. Dies lasse sich aus Aufzeichnungen und Forschungen über die vergangenen Ausbrüche ableiten: „Das war jetzt vermutlich der Beginn einer solchen Serie“.

Bildquelle: Geyer&Gies (2021), Island Natur – Landschaft – Geysire, ISBN 978-3-494-01824-9

Ein Vulkanausbruch kündigt sich an

Am 24. Februar um 10:05 Uhr war das erste Beben mit einer Stärke von 5,7 zu spüren, aufgrund der Stärke sogar bis ins nahe Reykjavik, wo Nils Gies zu der Zeit arbeitete. Zahlreiche Nachbeben folgten. Das Forscherteam, zu dem auch Gies gehörte, durfte bis ins gesperrte Erdbebengebiet vordringen. Dort machte Gies auch die hier gezeigten Fotos. „Da kann man heute nicht mehr stehen, das ist alles voll mit Lava“, beschrieb der Geowissenschaftler die Situation. Man habe die Erde im Untergrund brechen hören. An der Oberfläche zeigten sich Risse, die kartiert wurden. Aus der Auswertung der Risse will man vielleicht zukünftig bei anderen sich ankündigenden Vulkanausbrüchen Rückschlüsse auf den künftigen Ort des Ausbruch ziehen. Hier kam es schließlich am 19. März 2021 zum Ausbruch. Diese erfolgte in einem Talkessel. „Eine sehr sichere Eruption“, zeigten sich die Forscher erleichtert, dass zunächst keine besiedelten Gebiete betroffen waren.

Bildquelle(OR): map.is; (UL+UR): Nils Gies


Photogrammetrie zu Vulkanüberwachung

Bereits in den 1930er Jahren sei das Verfahren der Photogrammetrie entwickelt worden, erläuterte Gies weiter. Dabei werden mehrere Fotos eines Objektes von unterschiedlichen Standorten aufgenommen. Durch Korrelation der gleichen Punkte kann daraus ein 3D-Modell berechnet werden. Hier im Falle der Vulkanüberwachung werden so genannte Ground Control Points (GCPs) im Gelände verteilt und eingemessen. Anschließend wird das Gebiet in parallelen Linien überflogen und dabei mit einer hochauflösenden Kamera fotografiert. Mit Hilfe der GCPs kann eine Georeferenz hergestellt werden und ein Digitales Höhenmodell berechnet werden. Wenn dies in bestimmten zeitlichen Abständen wiederholt wird, kann durch die Differenz der verschiedenen Höhenmodelle festgestellt werden, wo sich der Boden anhebt oder absenkt. Und nach dem Ausbruch auch die Menge der Lava, die ausgeflossen ist. Anhand der Daten können auch gefährdete Bereiche ermittelt werden. So können Gegenmaßnahmen ergriffen werden, wie hier das Aufschütten eines Dammes um den Lavastrom umzulenken, der in Richtung der Verbindungsstraße nach Grindavik zu fließen drohte. Ein Problem bei dieser Methode der Vulkanüberwachung sei nur das Wetter mit der Wolkenbildung oder Dampf– und Rauchaustritte aus dem Vulkan. Im Übrigen hab sich die Photogrammetrie als bisher bestgeeignete Technik zur Echtzeit-Vulkanüberwachung herausgestellt, resümierte Gies. „Das spannende an Vulkanen ist, dass keiner richtig weiß wie es weitergeht“, zeigte sich der Forscher begeistert von seinem Metier. Für alle an dem Thema interessierten empfahl er Livestreams vom Ausbruch sowie die Darstellung der 3D-Modelle:


https://sketchfab.com/natturufraedistofnun/collections/fagradalsfjall-volcanic-eruption


Bildquellen: Gro, Birkefeldt, Møller, Pedersen