Kristalle: Schönheiten mit besonderen Eigenschaften

Vortrag „Kristalle und Licht“


Prof. Dr. Petra Becker-Bohatý


28. September 2021

Kristalle: Schönheiten mit besonderen Eigenschaften

Das Glitzern der Kristalle, ihre glatten Flächen und scharfen Kanten haben die Menschen schon lange fasziniert. Aber neben ihrer ästhetischen Schönheit haben Kristalle interessante, besondere Eigenschaften, die auch technische Anwendung finden können. Frau Prof. Dr. Petra Becker-Bohatý, Universität zu Köln, Institut für Geologie und Mineralogie, hielt am 28. September 2021 für den Nassauischen Verein für Naturkunde einen online-Vortrag zum Thema „Kristalle und Licht“, um am Beispiel der Wechselwirkung von Kristallen mit Licht einige dieser besonderen Eigenschaften vorzustellen. Aber zunächst ging die Kristallographin auf den inneren Aufbau von Kristallen ein. Beim Blick in die atomare Struktur fällt insbesondere die „ganz regelmäßige Anordnung der Atome“ auf, beispielsweise in einem Goldkristall.

Mit Röntgenstrahlen Blick in Kristallstruktur

Am Beispiel von Turmalin und Rutil zeigte Frau Becker-Bohatý die hohe Ordnung und Periodizität der Anordnung der Atome in der Struktur eines Kristalls. Aufgrund der dreidimensionalen Periodizität stecken in einer so genannten Elementarzelle bereits alle Informationen über die Kristallstruktur. Dabei ist die Struktur eines Kristalls nicht in alle Richtungen gleich, was zu einer Richtungsabhängigkeit der besonderen Eigenschaften der Kristalle führt. Kenntnis über Kristallstrukturen erhält man aus Kristallstrukturanalysen mit Hilfe von Röntgenstrahlen. Mittlerweile sind dadurch mehrere hunderttausende verschiedene Kristallstrukturen bekannt.

In vorgeführten Experimenten verglich die Kristallographin das Verhalten von Licht, das durch Kristalle fällt mit dem Verhalten von Licht, das durch Glas, als Beispiel für einen nicht-kristallinen Festkörper, fällt. Betrachtet man im Experiment beispielsweise einen Punkt auf Papier durch Glas, so sieht man, erwartungsgemäß, diesen einen Punkt. Betrachtet man den Punkt dagegen durch einen Kristall, z.B. einen Calcit-Kristall, so erscheinen zwei voneinander getrennte Punkte. Dreht man nun den Calcit-Kristall, so wandert einer der beiden Punkte um den anderen, fest stehenden herum. Diese Beobachtung beruht auf dem Effekt der Doppelbrechung und ist darauf zurückzuführen, dass eine in einen Kristall einfallende Lichtwelle im Kristall in zwei Lichtwellen aufgespalten wird. Diese beiden Lichtwellen laufen außerdem unterschiedlich schnell durch den Kristall.


Kristallbeobachtung in polarisiertem Licht

Für weitere Experimente führte Frau Becker-Bohatý ein Hilfsmittel ein, sogenannte Polarisationsfilter. Mit Hilfe von Polarisationsfiltern werden die Lichtwellen nach ihrer Schwingungsrichtung „sortiert“. Man könne Polfilter als eine Art „Lichtrechen“ bezeichnen, verdeutlichte Frau Becker-Bohatý. Mit Hilfe zweier gekreuzter Polarisationsfilter kann man Farben in Kristallen beobachten, die durch Interferenz der beiden Lichtwellen im Kristall entstehen. Diese Eigenschaft kann man, wie in einem Experiment gezeigt wurde, dazu nutzen, beispielsweise das Kristallwachstum zwischen zwei Polfiltern zu beobachten. Aber auch zur Identifikation von Mineralen in Gesteinen kann dieses Verfahren angewandt werden. Dazu werden die Gesteine in ca. 0,03 mm dünne Plättchen geschliffen, so dass sie transparent für Licht sind. Und da jedes Mineral zwischen den zwei Polfiltern sich unterschiedlich verhält, kann man so Rückschlüsse auf den Mineralbestand eines Gesteins sowie auf Entstehungs- und Veränderungsprozesse, die im Gestein abgelaufen sind, ziehen.

Lumineszenz und Laserlicht

Materialwissenschaftler schätzen Kristalle nicht nur wegen ihrer besonderen Eigenschaften, sondern auch, weil manche ihrer Eigenschaften durch äußere Einflussgrößen, wie z.B. Temperatur, Druck oder beim Anlegen von elektrischer Spannung verändert werden können. In einem Experiment zeigte Frau Becker-Bohatý an einem Beispiel, wie man durch Temperaturänderung die optischen Eigenschaften eines Kristalls verändern und dies mit Licht sichtbar machen kann.


Farbige Kristalle absorbieren Teile des Lichtspektrums des durch sie hindurchfallenden Lichts. Die Farbe des Kristalls besteht dann aus den übriggebliebenen Anteilen des weißen Lichtspektrums. Bei vielen Kristallen ist diese Absorption auch richtungsabhängig, d.h. die Kristalle ändern sogar ihre Farbe je nachdem, welche Schwingungsrichtung eine polarisierte Lichtwelle, die den Kristall durchleuchtet, im Kristall hat. Andere Kristalle wiederum absorbieren nur ganz bestimmte Einzelfarben des weißen, aus vielen Wellenlängen zusammengesetzten Lichtes, sie weisen sogenannte Absorptionslinien auf, die für einzelne Minerale typisch sind. Dadurch kann z.B. das Mineral Alexandrit bei Tageslicht eine andere Farbe zeigen als bei künstlichem Licht, da dieses selbst ein anderes Farbspektrum als Tageslicht aufweist, aus dem dann einzelne Farben vom Kristall absorbiert werden. Diesen Effekt demonstrierte Frau Becker-Bohatý in einem Experiment mit einem synthetischen Kristall, der bei Tageslicht gelblich wirkte und unter dem Licht einer Leuchtstoffröhre rosa.


Eine weitere Eigenschaft von Kristallen ist die Lumineszenz, die durch den Einbau von leuchtfähigen “Gastatomen” in die Struktur von Kristallen hervorgerufen werden kann, wobei die Gastatome durch Energie, z.B. UV-Licht, zum Leuchten angeregt werden müssen. So leuchtete in einem Experiment Calcit mit Gastatomen von Mangan bei UV-Lichtbestrahlung rot, Willemit, ebenfalls mit eingebautem Mangan dagegen grün. In besonderen Fällen kann die Eigenschaft der Lumineszenz in Kristallen auch dafür genutzt werden, um Laserlicht zu erzeugen. In einem synthetischen Kristall werden wieder Gastatome eingebaut, die lumineszieren können, wenn ihnen über Licht Energie zugeführt wird. „Diese Gastatome müssen dann allerdings „verabredet“, kohärent leuchten“, erläuterte Frau Becker-Bohatý, um damit Laserlicht erzeugen zu können. Und gerade auf diesem Gebiet, aber auch in anderen Bereichen gehe die Forschung weiter.